Montag, 1. Juli 2013

Die Nachtvögel


DIE NACHTVÖGEL von Tormod Haugen

 
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1981

 
Ausnahmsweise rezensiere ich heute mal ein Buch, welches noch im Handel erhältlich ist, wenn auch in einer anderen Ausgabe als auf dem Foto oben. Mit der Thematik "Angst und Mut" habe ich mich ja schon bei "Das Leuchten im Stein" und "Tommy ist (k)ein Angsthase" beschäftigt. Bei diesem außergewöhnlichen Kinderroman des Norwegers Tormod Haugen kommt noch die Problematik eines psychisch kranken Elternteil hinzu.
Der kleine Joachim wächst in einem sehr problematischen Elternhaus auf. Sein Vater ist Lehrer, aber er kann seinen Beruf zur Zeit nicht ausüben. Er hat psychische Probleme und kämpft vor der Klasse mit Angst- und Panikanfällen. Momentan verdient die Mutter das Geld für die Familie. Joachim leidet unter zahlreichen Ängsten, die ihn am Tag und in der Nacht verfolgen. Viele dieser Ängste werden ihm von dem Mädchen Sara eingeredet. Sie erzählt Joachim zum Beispiel von einer alten Hexe, die angeblich in seinem Haus wohnt. Für Joachim ist es somit jedes Mal eine Tortur, durch das Treppenhaus hinauf zu seiner Wohnung zu gelangen. Er leidet auch sehr unter der Situation zuhause. Oftmals verschwindet sein Vater für längere Zeit, und jedes mal befürchtet Joachim, dass sein Vater nicht wiederkommen könnte. Er macht sich immer große Sorgen um seinen Vater und wünscht sich, dass er wieder so wie früher wäre.
Joachim ballte die Fäuste und biss die Zähne zusammen. Am liebsten hätte er losgeheult, wenn er an die Nerven seines Papas dachte. Sie hatten ihn so verändert. Er war ganz anders als früher                   
Die Eltern versuchen nicht, Joachim eine heile Welt vorzuspielen. Sowohl Vater als auch Mutter sprechen mit Joachim, teilweise wie mit einem Erwachsenen, über ihre Sorgen und Ängste. Aber die Eltern, vor allem der Vater, haben auch immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Ängste ihres Sohnes. Joachims Ängste manifestieren sich in Form der Nachtvögel. Die Nachtvögel verstecken sich im Schrank, um sich bei Dunkelheit auf ihn zu stürzen. Sie lassen sich nur durch Abschließen des Schrankes oder durch Licht zurückhalten. Aber auch hinter den verschlossenen Türen kann Joachim die Nachtvögel oft noch hören.     
Die Nachtvögel. Er erinnerte sich daran, als sie zum ersten mal kamen. Aber irgendwie waren sie schon so lange da, wie er überhaupt zurückdenken konnte. Plötzlich war er eines Nachts aufgewacht. Irgendetwas hatte ihn geweckt....Da hörte er sie. Durch die Luft sausen. Von allen Seiten. Und er sah sie! Wie schwarze Schatten. Noch schwärzer als die Nacht. Sie tauchten einfach aus dem Dunkel auf und waren da.
Wie schlimm die Nachtvögel wüten hängt ganz von den Erlebnissen des Tages ab. Wenn sein Vater wieder sehr traurig ist oder es andere Probleme gibt, dann hört Joachim die Nachtvögel im Schrank toben und hat schreckliche Angst. Aber dann sind seinen Eltern immer sofort zur Stelle, um ihn zu trösten. Sie tun die Nachtvögel nicht als Unsinn ab, sondern nehmen die Ängste ihres Sohnes ernst. Aber nicht nur zuhause, sondern auch in der Schule hat Joachim Probleme. Die Kinder aus seiner Nachbarschaft haben einen sehr harten Umgang miteinander. Joachim beobachtet sehr sensibel und genau, was vor sich geht. 
Alle wurden böse aufeinander, und alle fürchteten sich vor denen, die größer und stärker waren als sie...Joachim musste an alle die denken, gegen die immer jemand hässlich war. 
Zu Beginn des Buches  glaubt Joachim den wilden Geschichten von Sara und traut sich nicht abzulehnen, wenn die stärkeren, älteren Jungen ihn zu Streichen auffordern, bei denen er eigentlich nicht mitmachen will. Das einzige Mädchen, welches er nett findet, bewundert er nur aus der Ferne. Die Situation zuhause spitzt sich immer mehr zu. Joachims Vater soll eine neue Lehrerstelle annehmen. Er hat furchtbare Angst davor und muss nach der ersten Unterrichtsstunde wieder aufgeben. Er fühlt sich als Versager, weint viel und leidet unter Alpträumen. Trotz dieser schwierigen Situation des Vaters, die auch am Schluss des Buches noch ungeklärt und in der Schwebe bleibt, wird Joachim reifer und mutiger. Er bemerkt, dass die Lügengeschichten, die ihm Sara erzählt hat, nicht stimmen und er erkennt, dass ihm viele Ängste nur eingeredet worden sind. Joachim beschließt, sich nicht mehr zu bösen Streichen gegenüber Schwächeren überreden zu lassen, sondern auch einmal Nein zu sagen. Und vor allem traut er sich auch endlich, sich seiner heimlichen Liebe Maj Brit zu nähern.
Plötzlich stand jemand neben ihm. Er drehte sich nicht um, spürte nur, dass da jemand war. Er wusste, wer es war. Es hatte ihm davor gegraut, aber jetzt fürchtete er sich nicht mehr, da es soweit war....Er fühlte etwas an seiner Hand, in seiner Hand: Ein Finger war's, nein zwei, schließlich eine ganze Hand! Da stand er und hielt jemanden an der Hand. Joachim hielt Maj Brit an der Hand.                              
Am Ende geht Joachim gestärkt aus den schwierigen und traurigen Situationen und Erlebnissen hervor.

 

 

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